Herz aus Stahl
Von Georg Varlamis
Mein erstes mal!
LARP? Ja, klar. Davon hat man schon einmal gehört. Jeder hat das, der
sich irgendwie mit Pen&Paper befaßt hat. Aber da braucht man Kostüme und
sowieso können dort alle alles besser und man ist irgendwie der outsider
wenn man dort nicht ''bekannt'' ist und vor allem wird man mit 23 Lenzen
(ja, ein Spätberufener) der alte Depp dort sein.
''Egal'', sagte ich mir. Über einen Freund kam ich zu einer Page von einem
österreichischen LARP-Club (Ariochs Erben, falls es wen interessiert -
kam dann aber im Nachhinein drauf daß es ein anderer Club war, der das
LARP veranstaltet hat). Dort gab es Fotos (ein paar) ein Forum mit
netten Leuten, Erklärungen und - Die Terminliste (für Österreich).
Nun da war ein Termin der mir zugesagt hat doch leider kam von der Orga
als Antwort: ''Sorry, voll, aber ich ''hau'' dich auf die Warteliste''.
Im Grunde genommen war für mich dann das Thema LARP schon wieder
gestorben, bis... nun, bis das mail kam, daß ein NSC ausgefallen sei und
DRINGENST (es war echt kurzzeitig) ein Ersatz hermußte. NATÜRLICH hab
ich da zugesagt (trotz meiner Einwände der Orga gegenüber, daß ich doch
das erste mal auf so einer Veranstaltung war, haben sie es ''riskiert'')
und war auch schon kurz darauf im ''Stoffgeschäft'' und habe mich mit
Stoffen eingedeckt, als ich meine ''Rolle'' zugewiesen bekam.
Liskhar, den bösen Hofmagier von Kronprinz Lerthan sollte ich spielen
(Dazu, laut Plot, zu den Zeiten wo Liskhar nicht da war (aus
plottechnischen Gründen) diverse Wachen, Bauern, Räuberrollen).
Versuche, das alles selber zu nähen, gab ich sehr schnell wieder auf,
bin ich doch nicht wiklich geschickt im Umgang mit jeder Art von
Werkzeugen (auch Nadel und Faden sind in meinen Augen Werkzeuge).
Eine Schneiderin hat dann in einer Art Nachtschicht, schnellstens meine
von mir ausgesuchten Stoffe zu einer (zugegebenermaßen) einfachen
Gewandung veredelt. Einen LARP-tauglichen Stab habe ich mir auch
gebastelt, was, aufgrund der zahlreichen Anleitungen auf diversen Sites,
nicht wirklich schwer war.
Es hat sich herausgestellt, daß ich die weiteste Anreise hatte. Ganz
alleine aus einer Stadt zu kommen, niemanden zu kennen dort, es waren
lauter Fremde, die ich dort treffen würde. Zusätzlich kamen noch
Meldungen aus meiner Familie, die mich ein wenig irritierten (''Nimm
einen Krankenschein mit.... Dann kannst` gleich beim Psychater
vorbeischauen'').
Nun kam ich dort an, in der Burg (Burg Engelstein im Waldviertel (NÖ) -
eine kleine Burg für nicht mehr als 60-70 Leute sinnvoll nutzbar - außer
im Sommer, da es ein Riesengelände mit Wald und See (ja mit einem See)
beinhaltet - und daß man vor den Toren lagern könnte).
Da ich (als NSC) ja früher dort sein mußte (sollte) wurde ich von ein
paar Leuten schon einmal sehr freundlich begrüßt. Sofort wurde mir alles
gezeigt und schon war ich dabei, vorzubereiten, zu tragen, zu helfen und
versuchte mch dann nützlich zu machen. Mir fiel gar nicht auf, wie die
Zeit verging. Auf einmal kam ein SL (Spielleitung) herein und meinte,
daß es nicht schlecht wäre, wenn schon mal die Burgwachen rausgingen um
die Spieler zu empfangen und direkt weiterzuleiten zur ''Wechselstube''
und zur Taverne. Nun denn, ich war auf sowas nicht eingerichtet, aber es
gab einen ''Fundus'' aus dem schnellstens (und so war es geplant) ein paar
Wachen ausgestattet wurden. Nun da stand ich da, unterhielt mich mit
anderen Burgwachen (NOCH war ja nicht das sogenannte In-Time) und
geleitete ankommende Spieler Semi-In-Time zu diversen Quartieren etc.
Wie die alle aussahen! Kostüme, Rüstungen, Waffen, Roben... Alles war
da, auch das eine oder andere Spitze Ohr war da zu sehen. Nun mit der
Zeit wurde ich unsicher, denn schon bald würde der Seneschall der Burg
meinen Prinzen und seinen getreuen Hofmagier (mich) ankündigen (die ja
in Rolle noch nicht hier waren).
Schnell umziehen und los. Klar. Was wird da sein? Schon wurden wir
angekündigt und betraten den ''Saal''. Mein Prinz begrüßte sogleich mit
umständlichen Worten die anderen Leute und ich? Nun, ich stand irgendwie
dahinter. ''Jetzt sag auch einmal was!'' dachte ich mir. Nun das tat ich
auch. ''Werter Tabril, schon lange wollte ich mich ein wenig mit euch
beraten über gewisse Erscheinungn arkaner Natur'' sagte ich zum (weißen)
Hofmagus, der mich, mit strengem Tonfall und eigenartigen Worten darauf
hinwies, daß es ihm eigentlich gar nicht recht sei mit mir zu reden (Oh
nein, ein Fehler!). Ich erwischte ihn in einem unbeobachteten Moment und
fragte out-time nach, ob ich denn einen Fehler gemacht hätte?
Nein, hatte ich nicht, der Magier (in Wirklichkeit über 40) wollte nur
rollengerecht auf mich als Schwarzmagier reagieren und erwartete von mir
vehemente Gegenwehr! Nun, die sollte er haben! Zugleich war ich
beruhigt, nicht gleich gepatzt zu haben, im Gegenteil!
Im Laufe des Abends kamen mehr und mehr ''Gäste'' an (alles NSCs). Die
Spieler jedoch empfanden meine Rolle nicht als wirklich wichtig
anscheinend und so beschloß ich, einfach einmal ein wenig zu meditieren
und zu lauschen. Schon hörte ich andere NSCs Gerüchte über den Plot
verbreiten, über Leute, Taten und Begebenheiten, schon viel mir auf, wie
sehr die Leute bereits in ihrer Rolle aufgingen und schon war ich von
neuem Tatendrang beflügelt und hielt mich an meinen Prinzen, dem ich
ständig was zuflüsterte.
Der Abend schritt voran, ich mußte schnell einmal ins Räuberkostüm um im
Dunkeln, vor den Toren ein kleine Schlacht zu schlagen, und dann wieder
zurück ins Hofmagierkostüm.
Im NSC-Bereich war's warm, es gab zu Essen und zu Trinken, es wurde
gelacht und die Leute waren Out-time, aber trotzdem mit dem Life
beschäftigt. Erstes Lob fiel... auch für mich, aber auch für einige
Spieler, die verdammt gut aussahen und sich auch zu benehmen wußten.
''RAUS'' dachte ich mir... raus zu den Spielern. Es begann mir Spaß zu
machen, nein HÖLLISCHEN Spaß, denn Spaß hat es die ganze Zeit gemacht,
doch überwog die Unsicherheit.
Morde geschahen und ich blieb nicht stumm dabei und ließ die Spieler
mehr oder weniger einen Streit mit dem Hauptmann der Wache über das
Thema Sicherheit der Gäste belauschen. Auch veränderte ich meine
Zufüsterungen von einem ''bla bla'' auf Gedanken und Ideen, die, natürlich
absichtlich, zu laut an meines Prinzen Ohren drangen, so daß fast immer
ein Spieler es hören konnte. Waren doch WIR die bösen. Nun ich schaffte
es in dieser Nacht und am darauffolgenden Tag, mit meinen Gerüchten, den
Verdacht (ich möchte hier nicht den Plot erzählen, der genial war) auf
den GUTEN Weißmagier zu lenken. Spieler kamen zu mir und fragten mich um
Rat in magischen Belangen und zu Phänomenen, die sie nicht einzuchätzen
in der Lage waren (in ihren Rollen), den ich auch großzügig erteilte.
Natürlich war die Hälfte gelogen, man sollte mich ja nicht erwischen.
Ich ließ es zu einem offenen Streit zwischen dem (1000-Jährigen)
Weißmagier und mir (Junger Schwarzmagier) kommen, der von ein paar
Spielern beruhigend, und gerade rechtzeitig, denn wir drohten beide mit
magischen Duellen, die den Himmel verdunkeln würden, geschlichtet wurde
(im Nachhinein lachten der Magier und ich darüber - und von den Spielern
kam Lob (als es aus war) dabei war es doch alles impovisiert!)
Ich schlüpfte (als Liskhar abgereist war (so dachten die Spieler - In
Wirklichkeit war er mit dem Öffnen des Dimensionstores beschäftigt)) in
immer mehr Rollen, die eigentlich gar nicht im Plot waren, verunsicherte
die Spieler, tauchte hier auf und dort. Es machte immer mehr Spaß! Ich
konnte es gar nicht erwarten, wieder Liskhar zu sein und schwappte im
NSC-bereich vor Ideen und kreativen Ergüssen einfach über. Klar war ich
unter den Freiwilligen, die in der Nacht Albträume für die Spieler
inszenierten - auch das war ein gigantisches Erlebnis. Hier wurde mir
das erste mal bewußt, daß die Spieler auch von unterschiedlicher ''Güte''
sein konnten. Einer begann so zu zittern und zu schreien, daß es mir
(als Albtraumgestalt - der eigentlich Gruseln verursachen sollte) kalt
hinunterlief.
Es kam wie es kommen mußte. Liskahr wurde entlarvt (zusammen mit seinem
Prinzen) und wurde am Dimensionstor niedergemäht. Tot war ich. Aber es
war noch nicht vorbei, schon war ich wieder Bauer und ließ mich in der
Taverne blicken, wo ich an Glücksspielen teilnahm und alles mit Leben
füllte...
Letzter Tag. Aufräumarbeiten. Schwer ist es mir gefallen, wirklich
schwer, die Sprache abzulegen, aus den Rollen herauszukommen und echt
wieder Georg zu werden. Doch mit der Zeit ging es.
Ich glaube es war gut als NSC zu beginnen, zu sehen WAS alles
dahintersteckt und was den guten Spieler ausmacht. Mein nächstes LARP
(und das wird es SICHER geben) wird vermutlich wieder eine NSC Rolle
sein (es hat mächtig Spaß gemacht) und irgendwann, versuche ich mich
dann als Spieler.
Erst daheim kam ich drauf, daß ich 3 Tage nicht da war, einfach NICHT
VORHANDEN, ohne Telefon, Nachrichten, Fernseher und sonstwas. Ich habe
bemerkt, wie einfach es sein kann, aus sich herauszugehen, und total wer
anderer zu SEIN. ''Vorgelebt'' von den anderen dort, kommt man sich
nicht einmal blöd vor (auch das hatte ich im vornherein befürchtet). Auch
ein paar Tage später träumte ich noch vom Erlebnis dort.
Gekommen bin ich als total Fremder - und heimgefahren mit dem Wissen,
einem großen Haufen neuer Freunde kennen- und schätzen gelernt zu haben,
die wirklich ein ''eigener Schlag'' sind. Keine ''Idioten'' oder so, wie man
im vornherein annehmen könnte, nein! Lauter normale Menschen und was
mich am meisten verwunderte - ich war einer der Jüngsten dort!
Georg aus Österreich, zu seinem Ersten LARP
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